Uns erreichte kürzlich, also heute, eine Einsendung unserer treuen Leserschaft. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Recherche, sondern um einen Erguss kreativer Energien! Wir sind hocherfreut und teilen dies natürlich sofortig mit Ihnen. Ein Beitrag von Ihnen. Für Sie. Herrlich.
Des Herrn Coppella neues Klarinettenblättchen
Einst trug es sich zu, dass im Hause Coppelius ein Streit ausbrach. Wer denn nun der Weltbeste Klarinettist sei, wollte man wissen und so spielten der Herr Coppella und le Comte Caspar um die Wette, was die Instrumente hergaben. Doch wollte niemand einen Sieger bestimmen, zog man sich doch zugleich Zorn und Missgunst des jeweils anderen Klarinettisten zu.
Als nun Herr Coppella, mal wieder, wutentbrannt die Musizierstube verließ, lief er einem Mann in die Arme, der allerlei Zubehör für Klarinetten darbot. Da kam dem Musiker eine Idee. Ein neues Blättchen für das Mundstück der Klarinette musste her. Und nicht irgendeines. Das Schönste und beste Blättchen weit und breit musste es sein. Ein Blättchen so edel, das es nur dem Weltbesten Klarinettisten zustehen würde – ihm höchstselbst natürlich.
Der Kaufmann versprach ihm ein ebensolches Blättchen zu besorgen und machte sich alsbald davon, um es zu beschaffen. Einzig das Mundstück der Klarinette sollte Herr Coppella ihm überlassen. Das sei nötig um beste Qualität zu gewährleisten. Herr Coppella willigte ein und kehrte selbstzufrieden ins Herrenhaus zurück. Endlich würde der elende Streit mit dem Rivalen ein Ende haben.
Einige Tage später brachte ein Bote die bereits heißersehnte Lieferung ins Herrenhaus. In dem Paket lagen ein Brief und eine Augenbinde. Das Mundstück selbst war sorgsam in ein kleines Kästchen eingepackt, das kunstvoll verziert war.
„Werther Herr Coppella, wie versprochen sende ich Ihnen ihr Mundstück, ausgestattet mit dem besten Klarinettenblättchen, das die Welt je gesehen hat." Es folgte eine sehr lange Beschreibung, angefangen über die gefahrenvolle Beschaffung des Rohmaterials, über die besonderen klanglichen Eigenschaften des Holzes bis hin zum großen Geschick des Handwerkers, der dem Blättchen seine Form verliehen hatte und zum Schluss eine sehr detaillierte Beschreibung über ein mit Goldfäden durchwirktes, am unteren Ende mit Edelsteinen besetztes Blättchen. Man versprach Herrn Coppella, dass die Edelsteine den erzeugten Ton einfangen und in solch einer Reinheit wiedergeben würden, dass niemand mehr in der Lage sein würde, seine Qualität als Weltbester Klarinettist anzuzweifeln. Außerdem gab es ein außergewöhnlich geformtes Fläschchen mit einer mysteriösen Flüssigkeit, mit der der Butler das Blättchen vor Gebrauch einweichen sollte.
Doch auch eine Warnung lag dem Schreiben bei. Herr Coppella durfte dieses mit dem Wunderblättchen ausgestattete Klarinettenmundstück nur mit verbundenen Augen bespielen und das Blättchen vor dem Spiel auf keinen Fall betrachten. Andernfalls würde er durch die unsagbare Schönheit des Gegenstandes derart abgelenkt, dass kein sauberer Ton mehr die Klarinette verlassen konnte.
Aufgeregt rief Herr Coppella den Diener Bastille herbei. Er solle ihm die Augen verbinden und ihn ins Musikzimmer führen, mit seiner Klarinette und Comte Caspar solle er ebenfalls ins Musikzimmer holen. Ob er dem Comte ebenfalls die Augen verbinden solle, wollte der Butler wissen. „Wofür das denn?“, fragte Herr Coppella ungeduldig und trieb den Butler zur Eile.
Im Musikzimmer verkündete Herr Coppella stolz, dass er sie nun endlich überzeugen würde. Mit diesem Mundstück würde er das Weltbeste Klarinettenspiel hervorbringen. Comte Caspar besah sich das Mundstück. Es war mit einem einfachen Holzblättchen bespannt, wie auch er es benutzte. Was führte der Herr Coppella nur wieder im Schilde, fragte er sich, willigte aber ein ihm zuzuhören.
Max Coppella spielte, wie er noch nie gespielt hatte. Nicht ein kleinstes Bisschen Nervosität brachte seine Finger zum Zittern, sie flogen nur so über die Löcher und Klappen, jeder Ton saß perfekt. Keinerlei Zweifel schlichen sich in sein Spiel. So sehr war er von dem Handel mit dem Kaufmann überzeugt.
Als er sein Spiel beendete, klatschte le Comte ihm Beifall. Zufrieden ließ sich Herr Coppella die Augenbinde abnehmen und badete im Glanz des Beifalls. Als sein Blick jedoch auf das eben doch nur ganz normale Blättchen am Mundstück seiner Klarinette fiel, wurde er bleich. Er erzählte dem Comte, was es mit diesem Blättchen auf sich hatte und haderte. Diesem Kaufmann würde er eine Beschwerde zukommen lassen, dass ihm hören und sehen vergehen würde.
„Nur mit der Ruhe.“, beschwichtigte ihn Comte Caspar. „Was haben Sie denn? Mit dieser Inszenierung hat ihnen der Kaufmann ihr bestes Klarinettenspiel entlockt. Wäre es ihnen möglich auch ohne diesen Bluff so zu spielen, würde ich Ihnen eventuell vielleicht unter Umständen sogar den Titel ‚Weltbester Klarinettist‘ zugestehen. Ich finde, damit hat der Kaufmann sein Versprechen wohl gehalten.“
Und so endet der Streit um den Titel ‚Weltbester Klarinettist‘ wieder einmal mit einem Unentschieden.
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